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Psychologie im Arbeitsleben

Diversität in Arbeitsteams – Was bedeutet Diversität und was macht sie eigentlich aus?

von Johanna Fuchs (1. Semester Master Psychologie – Human Performance in Sociotechnical Systems, Technische Universität Dresden)

Organisationen werden immer heterogener und damit auch ihre Arbeitsteams zunehmend diverser. Team-Diversität gilt als ein Einflussfaktor auf den Teamerfolg und das Forschungsinteresse rund um das Thema wächst. Aber was bedeutet Diversität in einem Arbeitsteam überhaupt? Wie könnte man Diversität konzeptualisieren? Und sind solche Konzepte denn wirklich hilfreich? 

1. Einleitung

In einem bunten Team mit Menschen jeder Herkunft, jeden Alters, jeden Geschlechts und jeder beruflichen Potentiale zusammenarbeiten – Die in den letzten Jahren fortschreitende Globalisierung und Mobilität von Arbeitskräften erhöhen die Heterogenität von Organisationen und damit auch die der Arbeitsteams als Kernbestandteil vieler Organisationen (Knippenberg & Schippers, 2007). So werden Arbeitsteams in Organisationen immer diverser, vor allem in Bezug auf demografische Unterschiede wie Alter, Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit, aber auch in Bezug auf Funktions- und Bildungshintergrund. Die weiterhin zu erwartende Zunahme an Diversität in Organisationen und der Umstand, dass Team-Diversität als Einflussfaktor auf den Erfolg von Teams gilt, könnten erklären, weshalb das Forschungsinteresse rund um das Thema Diversität groß ist. In diesem Blogeintrag sollen relevante Forschungsleistungen zum Thema Diversität angerissen und mit Hilfe der folgenden Fragen vorgestellt werden.

2. Was bedeutet Diversität in Arbeitsteams?

Diversität eindeutig zu definieren, ist gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint, denn die Literatur zu Diversität selbst ist sehr vielfältig (Harrison & Klein, 2007). Knippenberg und Schippers (2007) konstatieren, dass Diversität in der Regel als Unterschied zwischen Individuen in Bezug auf ein beliebiges Merkmal verstanden wird, das zu der Wahrnehmung führen kann, dass eine andere Person anders ist als man selbst. Außerdem beschreiben sie Diversität als ein Merkmal sozialer Gruppen, das sich auf den Grad der objektiven oder subjektiven Unterschiede zwischen den Gruppenmitgliedern bezieht. Diversität kann Teams vor allem dann beeinflussen, wenn sie wahrgenommen wird (Buengeler & Homan, 2016), wobei in einem Team möglicherweise eher demografische Merkmale zur Wahrnehmung von Teammitgliedern als verschiedenartig führen können, während in einem anderen Team Aspekte wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Wertevorstellungen oder Persönlichkeit eine solche Wahrnehmung hervorrufen können (Harrison & Klein, 2007). 

3. Wie kann Diversität konzeptualisiert werden? 

Um übergeordnete Strukturen in die Diversitätsforschung einzuführen, haben einige Forscher:innen eine Reihe von Typologien vorgeschlagen, die zur Klassifizierung verschiedener Dimensionen von Diversität genutzt werden können (z.B. Harrison und Klein, 2007). Viele Einflussfaktoren haben einen Effekt auf Diversität in organisationalen Teams. Eine Taxonomie, von der angenommen wird, dass sie möglicherweise einen guten Einblick in die Auswirkungen verschiedener Variablen von Diversität geben kann, ist das Model nach Harrison und Klein (2007). Harrison und Klein (2007) argumentieren, dass es drei verschiedene Typen der Diversität gibt: Separation (Trennung), Varietät (Vielfalt) und Disparität (Ungleichheit). Diese verschiedenen Typen der Diversität können sich in verschiedenen Mengen zeigen, die zwischen einem Minimum und Maximum variieren. Separation wird vorranging mit Unterschieden in Alter, Persönlichkeit oder Meinung zwischen Gruppenmitgliedern in Verbindung gebracht. Ein Maximum der Separation würde bedeuten, dass die Mitglieder eines Teams in zwei gegensätzliche Untereinheiten polarisiert sind, z.B. wenn zwei sehr junge Personen und zwei sehr alte Personen in einem Team zusammenarbeiten. Bei moderater Separation gibt es Personen jeden Alters in einem Team und bei minimaler Menge an Separation besteht das Team aus Personen des gleichen Alters. Varietät zeigt sich vor allem in Unterschieden zwischen Gruppenmitgliedern, die in Arten oder Kategorien unterteil werden können, wie Kenntnisse und Erfahrungen, z.B. in der Bildung. Im Maximum der Menge an Varietät würde das bedeuten, dass jedes Teammitglied von unterschiedlicher Art wäre, also beispielsweise alle Mitglieder unterschiedliche Schulabschlüsse vorweisen. Im Minimum würde es bedeuten, dass alle Teammitglieder einen gleichwertigen schulischen Abschluss besitzen. Disparität zeigt sich in den Unterschieden der Zusammensetzung sozialer Werte oder Ressourcen zwischen Gruppenmitgliedern, z.B. an der Bezahlung oder dem Status. Maximale Disparität bedeutet, dass Werteressourcen stark unausgewogen sind, z.B. wenn der Chef eines Unternehmens sehr viel Geld verdient und viele Beschäftigte sehr wenig verdienen. 

4. Sind die bisherigen Konzepte wirklich hilfreich?

Traditionell hat sich die Diversitätsforschung darauf konzentriert, die Auswirkungen verschiedener Diversitätsdimensionen isoliert oder in additiven Modellen zu betrachten und dabei die Möglichkeit außer Acht gelassen, dass die Auswirkungen einer Diversitätsdimension von der Diversität in anderen Dimensionen abhängen können (Knippenberg & Schippers, 2007). Bell, Villado, Lukasik, Belau, & Briggs (2011) stellten in einer Meta-Analyse fest, dass solche Taxonomien nicht hilfreich sind, um Diversität tatsächlich zu konzeptualisieren. Forschungen über die Bedeutung sozialer Kategorisierungen (Oakes et al. 1994, Turner et al. 1987 nach Knippenberg & Schippers, 2007) und kategorienübergreifender Kategorisierungen (Brewer 1995, Crisp et al. 2002 nach Knippenberg & Schippers, 2007) deuten darauf hin, dass die Korrelation zwischen verschiedenen Dimensionen der Differenzierung die Wahrscheinlichkeit beeinflusst, dass Vielfalt Subkategorisierungsprozesse auslöst. Es könnte daher besser sein, die Diversität von Arbeitsgruppen als eine Interaktion von Unterschieden auf verschiedenen Dimensionen zu betrachten, als nur die additiven Effekte von Diversitätsdimensionen einzubeziehen (Knippenberg & Schippers, 2007). 

Neueste Erkenntnisse in der Diversitätsforschung legen nahe, dass die Definition von Trennlinien bzw. Bruchstellen (so genannten „Faultlines“) sinnvoll ist, die die Ausrichtung mehrerer Attribute umschreiben. Faultlines können als hypothetische Trennlinien beschrieben werden, die ein Team in relativ homogene Untergruppen aufteilen und auf der demografischen Ausrichtung der Teammitglieder entlang mehrerer Attribute basieren (Thatcher & Patel, 2011). Knippenberg und Schippers (2007) beschreiben Faultlines wie folgt: „Wenn die Positionen auf verschiedenen Dimensionen der Vielfalt korreliert sind, kann die Kombination der Vielfalt auf diesen Dimensionen auf eine klare Unterscheidung zwischen Untergruppen hindeuten.“ (S. 523). Wenn es also beispielsweise eine Gruppenzusammensetzung gibt, in der alle Männer relativ alt und alle Frauen relativ jung sind, wird dies eher zu einer Subkategorisierung führen, als eine Zusammensetzung, in der Geschlecht und Alter nicht miteinander verbunden sind. Um den Begriff der Faultlines zu veranschaulichen, bilden Meyer, Shemla, Li & Wegge (2015) folgendes Beispiel ab: Ein medizinisches Team mit sechs Mitgliedern kann aus drei homogenen Untergruppen bestehen: zwei junge dunkelhäutige Krankenschwestern, zwei asiatische Medizinstudenten mittleren Alters und zwei ältere hellhäutige Chirurgen. In diesem Team bilden die drei Merkmale (ethnische Zugehörigkeit, Alter und Beruf) eine starke Faultline, die das sechsköpfige Team in drei hypothetische homogene Untergruppen aufspaltet. Wenn die demografischen Merkmale (d. h. ethnische Zugehörigkeit, Alter), die die Faultline definieren, als Trennung aufgefasst werden, d. h. als Signale für unterschiedliche Identitäten (Harrison und Klein, 2007), werden die Untergruppen als identitätsbasierte Untergruppen charakterisiert. Die Stärke dieser Trennlinie hängt von der Anzahl sichtbarer Merkmale, der Ausrichtung von Attributen und der Anzahl potentieller homogener Untergruppen ab. Eine Meta-Analyse von Thatcher und Patel (2011) legt nahe, dass es einen Effekt von Faultlines innerhalb einer Organisation gibt. Vor allem demographische Diversität in Teams, wie Unterschiede in Geschlecht und Ethnie, führt zu einer starken Trennlinie bzw. Faultline, während Diversität in Merkmalen des funktionalen oder schulischen Hintergrunds von Teammitgliedern zu weniger starken Faultlines führt (Thatcher & Patel, 2011). Gibt es eine starke Faultline in Teams in zwei oder mehrere Untergruppen, so kann es zu stärkeren Aufgaben- und Beziehungskonflikten kommen und der Teamzusammenhalt geschwächt werden (Thatcher & Patel, 2011). Teamkompositionen sollten daher vermeiden, dass es starke Trennlinien zwischen den Teammitgliedern gibt. Je stärker die Faultline ist, desto wahrscheinlicher sind Subkategorisierungen und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Funktionieren der Gruppe gestört wird (Knippenberg und Schippers, 2007). Allerdings zeigen sich ähnlich zu den Ergebnissen bisheriger Forschung im Bereich der Team-Diversität auch in den Ergebnissen der Forschung zu Faultlines Inkonsistenzen (Meyer, Shemla, Li, & Wegge, 2015; Knippenberg & Schippers, 2007). Während einige frühere Studien negative Auswirkungen von Faultlines auf Teamergebnisse zeigen (Thatcher Patel, 2011), fanden neuere Studien auch positive Auswirkungen bestimmter Arten von Faultlines auf Teamergebnisse (Knippenberg & Schippers, 2007). Auch eine Studie von Meyer, Shemla, Li, & Wegge (2015) legt nahe, dass die Auswirkungen der Faultline-Stärke auf die individuelle Leistung z.B. davon abhängen können, ob ein Teammitglied den Teamleiter in seiner Untergruppe hat oder nicht. Diese Inkonsistenzen in den Studien zu tatsächlichen Auswirkungen von Faultlines in Arbeitsgruppen könnten darauf hinweisen, dass die genau Operationalisierung von „Faultlines“ möglicherweise noch immer problematisch ist.

5. Zusammenfassung

Organisationen und ihre Arbeitsteams werden durch Entwicklungen wie Globalisierung und die zunehmende Mobilität von Arbeitskräften immer diverser (Knippenberg & Schippers, 2007). Diversität wird nicht einheitlich definiert, Knippenberg und Schippers (2007) konstatieren allerdings, dass Diversität in der Regel als Unterschied zwischen Individuen in Bezug auf ein beliebiges Merkmal verstanden wird, das zu der Wahrnehmung führen kann, dass eine andere Person anders ist als man selbst. In den letzten Jahren wurden viele Forschungsarbeiten hervorgebracht, die sich unter Anderem mit der Konzeptualisierung von Diversität beschäftigt haben (z.B. Harrison & Klein, 2007). Auch Harrison und Klein (2007) stellen ein Model vor, in dem Diversität in drei verschiedene Typen unterteilt und in unterschiedliche Mengen eingeordnet werden kann. Allerdings stellt sich zunehmend die Frage, ob in der Diversitätsforschung verschiedene Dimensionen isoliert voneinander betrachtet werden können oder ob diese vielmehr miteinander korrelieren könnten und es daher angebracht ist, die Ausrichtung mehrerer Merkmale zu umschreiben. Faultlines beschreiben hypothetische Trennlinien, die ein Team in Untergruppen aufteilen und deren Ausrichtung entlang mehrerer Attribute umschreiben können (Thatcher & Patel, 2011). Es wird zwar davon ausgegangen, dass stärkere Faultlines innerhalb eines Teams die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Funktionieren innerhalb der Gruppe gestört wird (Knippenberg & Schippers, 2007). Allerdings zeigen neure Studien auch, dass starke Faultlines nicht zwingend negative Auswirkungen auf die Teamleistung haben müssen und andere Variablen ebenso einen Einfluss auf Auswirkungen von Faultlines haben können (Meyer, Shemla, Li, & Wegge, 2015). Die Forschungsergebnisse im Bereich Diversität und Faultlines weisen somit einige Inkonsistenzen auf, weshalb es weiterer Forschung bedarf. 


Bell, S. T., Villado, A. J., Lukasik, M. A., Belau, L., & Briggs, A. L. (2011). Getting Specific about Demographic Diversity Variable and Team Performance Relationships: A Meta-Analysis. Journal of Management, 709-743. doi:10.1177/0149206310365001 

Buengeler, C., & Homan, A. (2016). Diversity in Teams: Was macht diverse Teams erfolgreich? In Handbuch Diversity Kompetenz: Perspektiven und Anwendungsfelder. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. doi:10.1007/978-3-658-08003-7_39-1 

Harrison, D., & Klein, K. (2007). What’s the difference? Diversity constructs as separation, variety or disparity in organizations. Acadamy of Management Review, 1199-1228. 

Joshi, A., & Roh, H. (2009). The Role of Context in Work Team Diversity Research: a Meta-analytic Review. Academy of Management Journal , 599-627. 

Knippenberg, D., & Schippers, M. (2007). Work Group Diversity. Annual review of psychology, 58, 515-41. doi:10.1146 

Meyer, B., Shemla, M., Li, J., & Wegge, J. (2015). On the Same Side of the Faultline: Inclusion in the Leader’s Subgroup and Employee Performance. Journal of Management Studies, 354-380. doi:10.1111/joms.12118 

Thatcher, S., & Patel, P. (2011). Demographic Faultlines: A Meta-Analysis of the Literature. Journal of Applied Psychology, 1119-1139. 

Autor: francaledermann | 4. April 2023 | 20:54 Uhr

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