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Psychologie im Arbeitsleben

Die Auswirkung von Perceived Organizational Support auf das Commitment am Arbeitsplatz

von Anne Bergner (1. Semester Master Psychologie – Human Performance in Socio-Technical Systems, Technische Universität Dresden)

Organisationen schätzen im Allgemeinen das Engagement und die Loyalität ihrer Mitarbeitenden, was wiederum positive Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit, Fehlzeiten und Fluktuation haben kann (Rhoades & Eisenberger, 2002). Ein möglicher Einflussfaktor auf die Verpflichtung und Hingabe zum Unternehmen ist dabei, inwiefern sich die Mitarbeiter:innen von diesem wertgeschätzt und unterstützt fühlen (POS; Perceived Organizational Support). Folgende Fragen sind in dieser Hinsicht zu klären: In welcher Beziehung stehen der POS und das Commitment am Arbeitsplatz? Welchen Einfluss könnten bestimmte HR-Praktiken dabei einnehmen? Welche praktischen Implikationen ergeben sich daraus?

Einleitung

Aufgrund von schnelllebigen Veränderungen in Technologien und Gesellschaft sind Organisationen mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert (Mascarenhas et al., 2022). Um den Veränderungen gerecht zu werden, sind Mitarbeitende entscheidend für den Erfolg und die Produktivität jedes Unternehmens, weshalb motivierte, engagierte und zufriedene Angestellte notwendig sind (Mascarenhas et al., 2022). Wie die Mitarbeitenden am Arbeitsplatz behandelt werden, bestimmt dabei ihre weiteren Einstellungen und Verhaltensweisen, was wiederum positive, aber auch negative Konsequenzen nach sich ziehen kann (Mascarenhas et al., 2022). Positive Ergebnisse daraus können der Perceived Organizational Support (POS), das organisatorische Commitment oder die Arbeitszufriedenheit sein. Der POS beinhaltet bspw. das Ausmaß, indem sich die Organisation um die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden kümmert oder den Beitrag ihrer Mitarbeitenden zu ihrem Wohlergehen schätzt (Wahyuni & Muafi, 2021). Somit wird der POS durch die Behandlung eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin durch die Organisation beeinflusst. Dies beeinflusst wiederum die Interpretation der Motive der Organisation, die dieser Behandlung zugrunde liegen (Eisenberger et al., 1986). Die Beschäftigten erwarten dabei in verschiedenen Situationen einen bestimmten Grad an Unterstützung durch das Unternehmen, wie bei überdurchschnittlichen Leistungen oder bei Fehlverhalten (Eisenberger et al., 1986).

Weiterhin steht POS auch eng im Zusammenhang mit dem Commitment der Mitarbeitenden. Relevant ist dies, da diese Beziehung Auswirkungen auf die Effektivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden haben kann. Die wahrgenommene organisatorische Unterstützung der Mitarbeitenden, wie gut sie von ihrer Organisation als Gegenleistung für ihre harte Arbeit behandelt werden, kann sich positiv auf das organisatorische Commitment und die Arbeitszufriedenheit auswirken und damit die Mitarbeitendenbindung und Leistung beeinflussen (Rhoades & Eisenberger, 2002). Deshalb ist es entscheidend, den POS zu betrachten und die Effekte auf das Commitment am Arbeitsplatz zu untersuchen.

Im Folgenden wird der theoretische Hintergrund zur Theorie der organisatorischen Unterstützung mit empirischen Befunden gekoppelt. Die Fragestellung fokussiert dabei die Auswirkung vom POS auf das Commitment am Arbeitsplatz und somit darauf, in welcher Beziehung der POS und das organisatorische Commitment stehen. Weiterhin wird geklärt, wie der POS durch HR-Praktiken beeinflusst wird. Daraus werden Schlussfolgerungen für die Praxis vorgestellt.

Definition Perceived Organizational Support 

Der Perceived Organizational Support (POS; die wahrgenommene organisatorische Unterstützung) ist der Grad, inwieweit Mitarbeitende darauf vertrauen, dass ihre Organisation ihre Unterstützung und sozio-emotionalen Bedürfnisse befriedigt (Eisenberger et al., 1986, zitiert nach Bajwa, 2019). Insgesamt meint POS nach Rhoades und Eisenberger (2002), dass die Organisation das Wohlbefinden und die Beiträge der Mitarbeitenden schätzt. POS motiviert dabei die Mitarbeitenden dazu, sich um das Wohlergehen der Organisation zu kümmern (Eisenberger et al., 1986). Diese Wahrnehmung über die Anerkennung der Organisation kann in verschiedenen Formen erfolgen, wie z. B. durch Verständnis für ihre Bedürfnisse, ein gutes Arbeitsumfeld, faire und gleiche Behandlung und Schutz vor Belästigung (Luturlean et al., 2019). Nach Aselage und Eisenberger (2003, zitiert nach Atalay et al., 2022) ist der POS eine Art Vertrag zwischen den Mitarbeitenden und den Organisationen. Dabei wird angenommen, dass die Leistung der Angestellten dadurch beeinflusst wird, wie gut es einer Organisation gelingt, die Erwartungen dieser zu erfüllen. Verschiedene Dimensionen des POSs können unterschieden werden. Eine Unterteilung ist bspw. die Unterstützung des Privat- und Familienlebens und die Unterstützung durch das Top-Management (Thomas & Ganster, 1995, zitiert nach Atalay et al., 2022) oder die Unterstützung der persönlichen Entwicklung und die Unterstützung der Arbeit (Köse & Gönüllüoğlu, 2010, zitiert nach Atalay et al., 2022). Der POS kann auf drei Dimensionen untersucht werden, nämlich der Anpassung, der Karriere und der Finanzen (Kraimer & Vayne, 2004, zitiert nach Atalay et al., 2022). Gemeint ist damit, inwiefern die Organisation neuen Mitarbeitenden hilft, sich an ihre Arbeitsstelle anzupassen, die beruflichen Bedürfnisse erfüllt und diese für ihre Leistungen finanziell entschädigt werden (Atalay et al., 2022).

Definition organisatorischen Commitments 

Organisatorisches Commitment kann als eine Bindung zwischen einer Organisation und ihren Angestellten verstanden werden; dabei sind diese von ihrer Arbeit völlig eingenommen und begeistern sich für sie (Bajwa, 2019). Commitment ist der Grund, weshalb Mitarbeitende positive Maßnahmen ergreifen, um den Ruf und die Interessen der Organisation zu fördern (Kahn, 1990, zitiert nach Bajwa, 2019). Nach Meyer und Allen (1991) existieren drei Komponenten von Commitment, nämlich affektives, kontinuierliches und normatives Commitment. Diese Komponenten spiegeln einen Wunsch (affektives), ein Bedürfnis (kontinuierliches) und eine Verpflichtung (normatives) zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung in einer Organisation wider (Meyer & Allen, 1991). Ein hohes affektives Commitment zeichnet sich durch eine starke Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Zielen aus und zeigt positive Auswirkungen auf die Leistung und das Engagement (Luturlean et al., 2019).

Theoretischer Hintergrund 

Um die psychologischen Prozesse, die den Folgen von POS zugrunde liegen, zu erklären, kommt die Theorie der organisatorischen Unterstützung ins Spiel (Rhoades & Eisenberger, 2002). Zunächst wird mit dem POS eine Verpflichtung, sich um das Wohlergehen der Organisation zu kümmern und dieser zu helfen, ihre Ziele zu erreichen, erzeugt, die mit der Reziprozitätsnorm erklärt werden kann (Rhoades & Eisenberger, 2002). Dabei stehen Arbeitnehmende und -gebende in einer Art Tauschbeziehung, wobei eine gute Behandlung, die eine Partei erhält, erwidert wird, was wiederum positive Ergebnisse für beide Parteien mit sich bringt (Arshadi, 2011). Weiterhin beschreiben Rhoades und Eisenberger (2002), wie die Organisation nicht nur die finanziellen Anforderungen befriedigt, sondern auch durch die mit dem POS verbundene Anerkennung sozio-emotionale Bedürfnisse von Mitarbeitenden befriedigt. Auch können deren Mitgliedschaft sowie Status in die soziale Identität integriert werden. Durch diese Befriedigung der Bedürfnisse, wie bspw. der Zugehörigkeit, sollte der POS das affektive Commitment erhöhen (Arshadi, 2011). Nicht zuletzt wird durch den POS die Überzeugung gestärkt, dass die Leistungen der Angestellten durch die Organisation anerkannt und belohnt werden (Rhoades & Eisenberger, 2002). Die Entwicklung des POS wird nach der Theorie der organisatorischen Unterstützung durch die Zuschreibung menschenähnlicher Eigenschaften auf die Organisation unterstützt (Eisenberger et al., 1986). Aufgrund der Personifizierung der Organisation wird eine günstige oder ungünstige Behandlung als ein Zeichen dafür gesehen, dass die Organisation Mitarbeitende bevorzugt oder benachteiligt (Rhoades & Eisenberger, 2002). Die Theorie der organisatorischen Unterstützung geht davon aus, dass eine verallgemeinerte Wahrnehmung darüber entwickelt wird, inwieweit die Organisation Beiträge ihrer Angestellten schätzt und sich um ihr Wohlergehen kümmert (Eisenberger et al., 1986, zitiert nach Bajwa, 2019). Aufgrund dieser Theorie sind positive Auswirkungen für die Beschäftigten und auch für die Organisation zu erwarten. Insgesamt besagen Wahyuni und Muafi (2021), dass, wenn Mitarbeitende das Gefühl von Wertschätzung und Kümmern um ihr Befinden verspüren, sich ein höheres Maß an affektivem, normativem und kontinuierlichem organisatorischem Commitment entwickelt. Weitere Auswirkungen kann der POS bspw. auch auf die Arbeitszufriedenheit oder die berufliche Selbstwirksamkeit haben (Atalay et al., 2022).

Empirische Befunde zur Beziehung 

Welchen Einfluss der POS auf das Commitment der Angestellten in einer Organisation hat, wurde bisher vielfach untersucht. So wurden bei Wahyuni und Muafi (2021) Mitarbeiter:innen von Sicherheitsfirmen u. a. zum POS und zum Commitment zur Organisation befragt. Herausgestellt hat sich ein signifikanter positiver Einfluss von dem POS und dem organisatorischen Commitment. Diese Verbindung zeigt, dass eine hohe, wahrgenommene organisatorische Unterstützung ein höheres organisatorisches Commitment der Mitarbeiter:innen und umgekehrt mit sich bringt (Wahyuni & Muafi, 2021). Im Einklang dazu konnten Hoa et al. (2020) anhand einer Stichprobe von 180 Angestellten aus verschiedenen Abteilungen in der Logistikindustrie herausfinden, dass der POS das affektive Commitment an das Unternehmen positiv beeinflusst. Weiterhin zeigte die Untersuchung von Rhoades und Eisenberger (2002) eine hohe Korrelation zwischen dem POS und dem affektiven Commitment, sodass Beschäftigte mit einem hohen POS-Niveau stärker dem Unternehmen, für das sie arbeiten, verpflichtet sind. In ähnlicher Weise hat sich bei Arshadi (2011) eine positive Korrelation zwischen dem POS und dem organisatorischen Commitment herausgestellt, sich aber auch die gefühlte Verpflichtung als ein Mediator zwischen beiden ergeben. Dabei kann der POS die gefühlte Verpflichtung beeinflussen, sich um die Organisation zu kümmern und zu helfen, ihre Ziele zu erreichen, und diese Verpflichtung kann wiederum Auswirkungen auf das organisatorische Commitment haben (Arshadi, 2011).

Weiterhin haben Bajwa (2019) und Luturlean et al. (2019) herausfinden können, welchen Einfluss bestimmte HR-Praktiken auf den POS und wiederum das organisatorische Commitment einnehmen können. Zu solchen Praktiken gehören bspw. umfassende Schulungen, Empowerment, Beteiligung an der Entscheidungsfindung und entwicklungsorientierte Leistungsbeurteilung (Meijerink et al., 2020). So hat sich bei Bajwa (2019) der POS als Moderator zwischen den HR-Praktiken und dem affektiven Commitment ergeben, wobei diese Beziehung stärker wird, wenn der POS hoch ist. Diese HR-Praktiken können somit das Commitment eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin durch die wahrgenommene organisatorische Unterstützung beeinflussen (Bajwa, 2019). Bei Luturlean et al. (2019) ergab sich ein ähnliches Bild: Der POS hatte einen signifikanten und positiven Effekt auf das affektive Commitment, HR-Praktiken hatten ebenfalls einen signifikanten und positiven Einfluss auf den POS und der POS zeigte eine Mediationswirkung auf die Beziehung zwischen den HR-Praktiken und dem affektiven Commitment.

Zusammenfassung und Tipps für die Praxis

Zahlreiche Studien berichten von einer positiven, signifikanten Beziehung zwischen dem POS und dem organisatorischen Commitment. Dies bedeutet, dass je besser der POS ist, desto höher wird das organisatorische Engagement sein (Wahyuni & Muafi, 2021). Nach der Theorie der organisatorischen Unterstützung wird angenommen, dass die Mitarbeitenden ihre Organisation personifizieren und daraus ableiten, inwieweit diese ihre Beiträge wertschätzt und sich um sie sorgt, und weshalb diese Unterstützung bspw. mit erhöhtem Commitment erwidert wird (Rhoades & Eisenberger, 2002). Um die Beziehung zwischen beiden Parteien zu fördern, ist es Aufgabe des Managements, diese Theorie zu verinnerlichen, um ihre Arbeitnehmenden zu verstehen. Insgesamt müssen Wege der Organisationen gefunden werden, um den POS der Mitarbeitenden zu erhöhen. Dabei müssen Manager und Managerinnen sich um ihre Mitarbeitenden kümmern und eine gute Managementpraxis sowie eine faire Bezahlung der Leistungen für ihre Mitarbeitenden etabliert werden (Hoa et al., 2020). Eine proaktive Unterstützung bei Problemen, noch bevor die Angestellten den ersten Schritt machen, ist essenziell (Hoa et al., 2020). Weiterhin sind persönliche Gespräche und eine offene Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden von Bedeutung, sodass sie sich dem Team und dem Unternehmen zugehörig, anerkannt und geschätzt fühlen (Wahyuni & Muafi, 2021). Beschäftigen sollte es möglich sein, ihre Stimme am Arbeitsplatz zu erheben. Die Organisation sollte ihre Bedürfnisse und Wünsche verstehen und einen Karrierepfad für sie entwickeln (Hoa et al., 2020). Durch all diese Maßnahmen sollte es gelingen, dass die Mitarbeitenden sich anerkannt fühlen, ihr Wohlbefinden ernst genommen wird und sie die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln.

Weiterhin kann das Commitment am Arbeitsplatz gefördert werden, indem wirksame HR-Praktiken entwickelt werden sollten, um den POS und letztendlich das Commitment zu erhöhen (Luturlean et al., 2019). Nach Bajwa (2019) ist das Vorhandensein hoher Commitment-HR-Praktiken am Arbeitsplatz ein deutliches Signal für die Beschäftigten, dass sie geschätzt, respektiert und innerhalb des Unternehmens anerkannt werden. Die Ergebnisse von Untersuchungen zeigen, dass der POS die Verbindung zwischen hohem Commitment HR-Praktiken und affektivem Commitment moderiert.


Arshadi, N. (2011). The relationships of perceived organizational support (POS) with organizational commitment, in-role performance, and turnover intention: mediating role of felt obligation. Procedia – Social and Behavioral Sciences, 30, 1103–1108. https://doi.org/10.1016/j.sbspro.2011.10.215

Atalay, M. Ö., Birincioğlu, N. & Acuner, T. (2022). Effect of perceived organizational support and organizational trust on young academics’ organizational commitment. Argumenta Oeconomica, 2022(1), 201–233. https://doi.org/10.15611/aoe.2022.1.09

Bajwa, A. (2019). „The influence of high commitment HR practices on employees’ behaviors under perceived organizational support and affective commitment,“ Journal of Human Resource Management, Comenius University in Bratislava, Faculty of Management, vol. 22(2), pages 52-69.

Eisenberger, R., Huntington, R., Hutchison, S. & Sowa, D. (1986). Perceived organizational support. Journal of Applied Psychology, 71(3), 500–507. https://doi.org/10.1037/0021-9010.71.3.500

Luturlean, Bachruddin & Prasetio, Arif & Saragih, Romat. (2019). The Effect of Human Resource Practice, Perceived Organizational Support and Work-Life Balance in Enhancing Employee’s Affective Commitment. GATR Journal of Management and Marketing Review. 4. 242-253. 10.35609/jmmr.2019.4.4(3).

Meijerink, J., Bos-Nehles, A. & Leede, J. d. (2020) How employees’ pro-activity translates high-commitment HRM systems into work engagement: the mediating role of job crafting, The International Journal of Human Resource Management, 31:22, 2893-2918, https://doi.org/10.1080/09585192.2018.1475402 

Meyer, J. P. & Allen, N. J. (1991). A three-component conceptualization of organizational commitment. Human Resource Management Review, 1(1), 61–89. https://doi.org/10.1016/1053-4822(91)90011-z

Rhoades, L. & Eisenberger, R. (2002). Perceived organizational support: A review of the literature. Journal of Applied Psychology, 87(4), 698–714. https://doi.org/10.1037/0021-9010.87.4.698

Wahyuni, D. & Muafi, M. (2021). Effects of workplace loneliness and perceived organizational support towards intention to leave mediated by organizational commitment. International Journal of Research In Business and Social Science, 10(4), 01–16. https://doi.org/10.20525/ijrbs.v10i4.1212

Autor: laurasiciliano | 20. April 2024 | 13:57 Uhr

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