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Tätigkeitstheorie

Ihren Ausgangspunkt hat die Tätigkeitstheorie in Marx‘ Kritik am (Feuerbachschen) Materialismus und Idealismus wie sie in den Thesen über Feuerbach formuliert ist:

Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus […] ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als sinnlich menschliche Tätigkeit, Praxis; nicht subjektiv. Daher die tätige Seite abstrakt im Gegensatz zu dem Materialismus von dem Idealismus – der natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt – entwickelt.
(Marx 1973, S. 5)

In diesem Sinne kritisiert Leontjew die bisherige Psychologie:

Man betrachtete die inneren psychischen Prozesse einseitig als Vorgänge, die die äußere Tätigkeit bedingen. Dagegen verschleierte man die Abhängigkeit der inneren von der äußeren Tätigkeit.
(Leontjew 1967, S. 198)

Die wesentlichen Feststellungen lassen sich folgendermassen zusammenfassen:

  • Tätigkeiten bilden den Ausgangspunkt der (psychologischen) Analyse.
  • Tätigkeiten haben eine Geschichte und Entwicklungsperspektive.
  • Tätigkeiten sind vermittelt durch Werkzeuge.

Insbesondere letzteres ist für uns von Interesse. Engeström (1987) fasst es in einem Dreieck zusammen:

tafel_AT-dreieck

Jede Tätigkeit wird durch Werkzeuge vermittelt. Dabei wird der Begriff des Werkzeuges sehr weit gefasst. So gilt in der Tätigkeitstheorie auch das sprachliche Zeichen als Werkzeug (vgl. Leontjew 1967, S. 235). Dies bedeutet auf einer erkenntnistheoretischen Ebene, dass der Zugang des tätigen Subjektes zur Wirklichkeit immer vermittelt über die sozio-kulturellen Werkzeuge geschieht.

Für den Menschen ist ein Werkzeug nicht schlechthin ein Ding von bestimmter Form und mit bestimmten mechanischen Eigenschaften, sondern ein Gegenstand, in dem gesellschaftlich geschaffene Arbeitsverfahren und Arbeitsoperationen fixiert sind.

Die adäquate Beziehung des Individuums zum Werkzeug äußert sich darin, daß es sich (praktisch oder theoretisch) die in ihm fixierten Operationen aneignet und seine menschlichen Fähigkeiten daran entwickelt.
(Leontjew 1967, S. 232 f.)

Ein Beispiel

Kinder Lernen das Addieren oft mit Hilfe ihrer Hände, die ihnen beim Zählen helfen. Die Hände sind ein Werkzeug, die die Rechenaufgabe vermitteln. Später ist das Kind nicht mehr auf die Hände angewiesen, um zu rechnen. Es hat das Rechnen „internalisert“.

So gesehen, können wir auf der Baustelle des Lernens einige Werkzeuge identifizieren, die wir mehr oder weniger bewußt gestalten.

Referenzen

  • Engeström, Y.: Learning by Expanding: An activity-theoretical approach to developmental research. Helsinki: Orienta-Konsultit Oy, 1987.
  • Leontjew, A. N.: Probleme der Entwicklung des Psychischen. Berlin: Volk und Wissen, 1967.
  • Marx, K.: Thesen über Feuerbach. Marx-Engels-Werke. Bd. 3. Berlin: Dietz, 1973, S. 5-7.

Autor: jraff | 29. Oktober 2009 | 21:00 Uhr

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