COLLAGIEREN

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON EVA WOLFARTH, SAMANTHA ESCHE UND LINA KNECHTEL


 

„(Kunst) Technik der Herstellung einer Bildkomposition durch Aufkleben von verschiedenfarbigem Papier oder anderem Material.“. So „simpel“ definiert der Duden Online den Begriff Collage. Wie weit dieser Begriff jedoch weiterentwickelt wurde und welche Bedeutung er für uns in unserer Vermittlungssituation und im späteren Schulalltag hat, wird sich im Folgenden noch zeigen. Begonnen hat die Kunstform rund um das Zerreißen und Zusammenkleben in der Zeit um 1850. Pablo Picasso und John Elsas waren im Kubismus erste Beispiele der neuen Technik und legten so einen Grundbaustein für eine sich stetig verändernde Kunst, mit der sich bis heute zahlreiche Künstler auseinander setzen. Sehr schnell ging die ursprüngliche Collageart dazu über, dass Papier als Material und Grund hinter sich zu lassen und neue Wege zu finden. Das sah auch vor über 20 Jahren Len Dunkelberg, als sie in ihrem Werk Die Kunst der Collage (1998) davon schrieb, dass „ […] der Weg zur Collage ein Weg in die Kunst [sei, und dass dieser Weg] auf verschieden gearteten Pfaden gegangen werden kann[…]“ (Dunkelberg/ 1998/ S.15). Es kam vom zweidimensionalen zum dreidimensionalen und von „toten“, starren Materialien zu lebendigen, sich verändernden wie Lebensmitteln und Pflanzen. Es wurde verbrannt, genäht und decollagiert. Trotzdem starb die klassische Form nie aus. Aktuellstes Beispiel – gefunden auf der Documenta 14 – Elisabeth Wild: Ihre 40 Collagen mit dem Titel „Fantasias (2016-17)“ nehmen einen ganzen Raum in der Neuen Galerie in Kassel ein und zeigen in Ihrer Vielfalt an Farbe, Form und Räumlichkeit, dass die Collage, auch in der ursprünglichen Form, immer noch aktuell und wichtig ist.

Abgesehen von Künstlern und Kunstwerken hat das Thema Collage gerade im Kontext der Schule für Lehramtsstudenten der Kunst einen sehr hohen Stellenwert. Ein Blick in den Lehrplan Gymnasium verdeutlicht die Wichtigkeit sehr schnell. Schon im ersten Lernbereich der fünften Klassenstufe wird zu Beginn die Aufgabe gesetzt: „Einblick gewinnen in das Prinzip Collage und Décollage“ (Lehrplan Gymnasium Kunst/ 2004/ 2011/ S.19). Auch in späteren Klassenstufen, wie z.B. der siebten Klasse, ist diese Kunstform in großen Teilen des Schuljahres enthalten. Als Mischtechnik oder als weitergedachte dreidimensionale Art, kommt sie außerdem fast in jedem Schuljahr vor. Wenn man dann noch unser privates Umfeld berücksichtigt, in welchem beispielsweise die Werbung sich mit dem Collagieren beschäftigt und uns auch unbewusst diese Technik zeigt, so erkennt man, dass man nicht an der Collage vorbei kommt. Sie ist allgegenwärtig und deswegen auch definitiv Wert, sich mit ihr ausführlicher auseinander zu setzen.

Ziele

In unserer Vermittlungssituation zum Thema Collage haben wir die folgenden Ziele verfolgt:
 Die KommilitonInnen gewinnen Einblick in die Vielfalt der Vermittlungs- Möglichkeiten eines im Kunstunterricht häufig vorkommenden Themas.
 Die KommilitonInnen collagieren mit unterschiedlichsten Materialien und gestalten ihre Collagen auf unterschiedlichen Ebenen – von der zweidimensionalen Papier- Collage über die Decollage bis hin zur raumgreifenden Assemblage.
 Die KommilitonInnen beschäftigen sich mit der Technik Collage in unterschiedlichen
Sozialformen.

Konzept

Zur Aktivierung bilden die Studierenden einen Kreis und überlegen sich, welches Geräusch sie mit ihrem Körper erzeugen können. Die Geräusche werden miteinander kombiniert. Dabei entscheiden die Studierenden selbst, wann sie einsteigen und sich dem Geräuschfluss entziehen. Als Einstieg wird eine lockere Klangcollage gewählt, um die Studierenden für die Vermittlungssituation zu motivieren und das Interesse zu wecken. Sie soll das Vorwissen zu Überlagerungen aktivieren und vom Speziellen zur allgemeinen Technik der Collage hinführen. Um ein gemeinsames Klangprojekt zu erstellen und möglichst viele Klangüberlagerungen zu erzeugen, wird als Gruppe gearbeitet.

Für die Vermittlungssituation wurde das Thema „Kontraste“ gewählt, welches sich wie ein roter Faden durch drei Vermittlungsaufgaben zieht. In der ersten komplexen Vermittlungsaufgabe vertreten die Studierenden stumm eine erhaltene Position (zum Beispiel Offenheit). Der Partner hat eine gegensätzliche Position und wird zum Gegenspieler. Zur eigenen Position passende Materialien dürfen aus dem Materialpool gewählt werden und auf einer gegebenen Unterfläche wird abwechselnd ein Material platziert und geklebt. Das Format wird durch die gegebene Untergrundfläche festgelegt, um allen Gruppen gleiche Voraussetzungen für die Umsetzung zu stellen. Im Vordergrund steht dabei der Prozess. Hierbei soll der eigene Begriff im künstlerischen Schaffen erkenntlich sein und den des Gegenspielers dominieren. Anhand der gegebenen Position waren die Studierenden angeleitet, sich gestalterisch mit einem Begriff auseinanderzusetzen und Darstellungsformen zu finden. Die Übung erfolgt nonverbal, damit der Schaffensprozess die hauptsächliche Kommunikation zwischen Spieler und Gegenspielern bildet.

In der zweiten Vermittlungsaufgabe sollen die Studierenden spannende Collagen unter dem Aspekt Kontrast in der Umgebung des Gebäudes finden. Per Smartphone sollen spannende Collagen fotografisch gesammelt werden und die Stärkste wird auf ein Padlet geladen, um die Ergebnisse als Inspiration für den weiteren Arbeitsprozess zu sichern. Dabei setzen sich die Studierenden aktiv mit ihrer Umwelt und dem Thema Kontrast auseinander und definieren für sich selbst, was sie unter Collage verstehen. Davon ausgehend erstellen sie zwei verschiedene Collagen oder eine Serie von drei Collagen, wobei der Materialpool erneut genutzt werden kann. So werden Wahrnehmungen gestalterisch transferiert.

Nach der Arbeitsphase folgt eine umfangreiche Auswertung der Fotografien und dazu entstandenen Arbeiten der Studierenden. Im Anschluss präsentieren die Vermittlerinnen drei beispielhafte Künstler der Technik Collage, Decollage und Assemblage und informieren die Studenten über Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Techniken. Außerdem bietet diese Phase die Überleitung zur nächsten gestalterischen Aufgabe der Studierenden, sowie einen Ausgleich zur eigenen aktiven künstlerischen Tätigkeit.

Während der letzten Aufgabe arbeiten die Studierenden als eine große Gruppe. Sie gestalten gemeinsam eine Assemblage zu einem Gegensatzpaar innerhalb des abgeklebten Raumes. Alle Studierenden wählen ein Objekt aus der von den Vermittlern mitgebrachten Auswahl, um sie nacheinander zu platzieren. Wer platziert hat, beobachtet den Prozess, darauf wird ein zweites Gegensatzpaar gezogen. Der Raum wird durch das Entfernen der Objekte oder die Veränderung ihrer Positionen nacheinander verändert. Die Studierenden ziehen ein drittes Gegensatzpaar. Sie denken sich eine Haltung/Geste/Körperhaltung aus und stellen diese im Raum nach. Dies erfolgt einzeln nacheinander. Die Studierenden verweilen in ihrer Haltung, bis alle den Raum betreten haben und ihre Position halten. Die Aufgabe nimmt Bezug zur ersten gestalterischen Aufgabe in dem sie die Gestaltung von gegensätzlichen Begriffen erneut aufgreift. Die Studierenden erproben sich im räumlich künstlerischen Problemlösen und müssen als Gruppe fungieren, sich absprechen und aufeinander Bezug nehmen.

Prozess und Ergebnisse

Die Idee, aus einem klassischen, sehr verschultem Thema weitergehende kreative Möglichkeiten zu schaffen, wurde im Allgemeinen positiv aufgenommen. Unsere neuen und vielseitigen Möglichkeiten, das Thema Collage in einer Vermittlungssituation zu bearbeiten, wurden von den KommilitonInnen als gut gelungen hervorgehoben. Es wurde angemerkt, dass eine klare Linie in unserer Planung erkennbar gewesen ist und dass wir anregende Aufgabenstellungen formuliert haben, die zunächst auch als schlüssig wahrgenommen wurden. Allerdings zeigten sich bei der Durchführung der einzelnen Aufgabenformate Probleme, die zu anschließenden Diskussionen führten:

Beispielsweise wurde unsere Einstiegsaufgabe, die Klangcollage, zwar als auflockernd empfunden, jedoch war die Zeit, die wir dafür eingeplant hatten, zu knapp bemessen. Dies führte unter anderem dazu, dass viele der KommilitonInnen nicht wussten, zu welchem Ergebnis diese Aufgabe führen sollte. In der Abschlussdiskussion wurde angemerkt, dass in der Einstiegsaufgabe viel Potenzial steckte, welches wir als Gruppe nicht ganz ausgeschöpft haben. Ein geleitetes Gespräch nach dem Einstieg wäre sinnvoll gewesen. Zukünftig wäre es schlüssiger, die Dauer der Übung auf mindestens drei Minuten festzulegen, um eine vielfältigere Klangcollage zu erzeugen.

Bei den Aufgabenformaten, bei denen die StudentInnen in Einzel- oder Partnerarbeit Collagen entwickeln sollten wurde kritisiert, dass die entstandenen Arbeiten nicht genug besprochen wurden. Bei beiden Formaten wäre es sinnvoll gewesen, einzelne Ergebnisse hinsichtlich der Qualität genauer zu besprechen. Ein Gespräch über die Arbeiten hat zwar stattgefunden, jedoch war dieses nicht ausführlich genug und hat nicht alle Potentiale ausgeschöpft.

Ein weiterer Diskussionspunkt ergab sich aus der Präsentation der Künstlerbeispiele, die wir für unsere Vermittlungssituation gewählt hatten. Es wurde angemerkt, dass die von uns gewählten Werke und Künstler nicht innovativ genug waren, beziehungsweise, dass sich die Beispiele nicht genug von dem unterschieden haben, was die StudentInnen schon kannten. Wir hätten uns an dieser Stelle tiefgründiger mit den Werken auseinander setzen müssen und andere Beispiele wählen sollen, die dem Wissensstand der StudentInnen entsprechen.

Kritisch betrachtet wurde vor Allem unsere letzte Aufgabe, die uns auf dem Papier schlüssiger schien, als bei der Umsetzung. Während dieser letzten Gruppenaufgabe entstanden mehrere kritische Situationen, die teilweise schon während der Arbeitszeit diskutiert wurden. Kritisiert wurde unter anderem die Gruppengröße, das räumliche Setting und die Schlüssigkeit der Aufgabe. Bei einer Wiederholung der Übung sollte bei der Raumwahl darauf geachtet werden, dass ein ruhiger und leerer Raum gewählt wird, in dem alle StudentInnen Platz nehmen und das Geschehen beobachten können. Es fiel uns während der Vermittlungssituation auf dass die Motivation unserer KommilitonInnen nachließ, was auf die benannten Kritikpunkte sowie die ausbleibende Pause zurückzuführen ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Vermittlungssituation zum Thema Collage weitgehend als schlüssig wahrgenommen wurde und einige neue Ideen zum unterrichtlichen Umgang mit einem klassischen Thema gegeben wurden. Rückblickend wäre es vielleicht besser gewesen, die abschließende Gruppenaufgabe auszusparen und stattdessen den anderen Aufgaben mehr Zeit einzuräumen, um eine tiefgründigere Auseinandersetzung zu ermöglichen.


Literatur

Dunkelberg, Len: Die Kunst der Collage. Bamberg 1998.

Bibliographisches Institut GmbH, Duden Online.
URL<http://www.duden.de/rechtschreibung/Collage> [Stand 23.08.2017].

Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport: Lehrplan Kunst Gymnasien
2004/2011.
URL: http://www.schule.sachsen.de/lpdb/web/downloads/1406_lp_gy_kunst_2011.pdf>

[Stand: 23.08.2017].

2 Gedanken zu „COLLAGIEREN“

  1. Zitat:
    Das sah auch vor über 20 Jahren Len Dunkelberg, als er in seinem Werk Die Kunst der Collage …

    Einwand:
    Len Dunkelberg war kein „er“ – Helene Dunkelberg, geb. Ruß.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert