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GEMEINSAM DIE KUNST DES HANDELS ERLEBEN

RÜCKBLICK AUF DAS PERFORMANCE-SEMINAR IN REHLOVICE BEI BBB JOHANNES DEIMLING UND ANTJE DUDEK 

Ein Text von Antje Dudek & Lisa-Marie Porst; Fotos von Lisa-Marie Porst

Es war ein glücklicher Umstand, dass Prof. Marie-Luise Lange vor mehr als 20 Jahren das Kulturzentrum Řehlovice entdeckt hat. Der weitläufige Vierseitenhof im nordböhmischen Dorf Řehlovice diente auch im Sommer 23 als Spielfläche für die Annäherung an performatives künstlerisches Arbeiten. Vom 31.07. bis 06.08.2023 fand eine Gruppe von 13 Studierenden der Kunstpädagogik der TU Dresden dort zusammen, um unter Anleitung von BBB Johannes Deimling und Antje Dudek die körperbezogene Kunstform zu erkunden. Lisa-Marie Porst begleitete die Exkursion als Tutorin und hielt die zahlreichen starken Handlungsbilder fotografisch fest. 

Behutsames herantasten

Da das Seminar für die die meisten Studierenden die erste Berührung mit Performancekunst war, legten Johannes Deimling und Antje Dudek viel Wert darauf, ein passendes methodisch-didaktisches Framing zu entwickeln. Anfänglich lieferten spezifische Raumlaufübungen (BBB Johannes Deimlings „Scriptwork“) eine feste Struktur, innerhalb derer die Studierenden Erfahrung sammeln konnten im Agieren vor den Augen Anderer. Im Improvisieren mit Material – weißes A4-Papier, bunte Ping-Pong-Bälle, Sonnenschirme etc. – entwickelten die Studierende ad hoc vielfältige nicht-alltägliche Umgangsweisen, aus denen sich vielschichtige belebte Bilder generieren ließen. In einer anderen Übung wurde Inspiration aus dem geschöpft, was uns der Hof anbot – Raumnischen, dunkle Gemäuer, einen Weiher, sonnenbeschienene Wiesen, um performative Standbilder zu entwickeln. Über die Woche hinweg entwickelten die Teilnehmenden so auch ein Performance-affines Auge, das die unzähligen Möglichkeiten dafür aufspürt, wie wir uns körperlich handelnd mit unserer Umwelt in Verbindung setzen können. Und man entdeckt, dass man schon vieles mitbringt, was die Entwicklung starker belebter Bilder erfordert, auch wenn man sich erst hier im Seminar bewusst mit Performance Art auseinandersetzt. 

Der Ort zählt 

Das Kulturzentrum ist idyllisch-ländlich gelegen und bietet Handlungsfreiräume, die man so an der Universität und im urbanen Umfeld nicht findet. Im Dorf fühlt man sich bisweilen in andere Zeiten versetzt und kann sich frei von Ablenkungen auf das Zusammensein mit der Gruppe und das künstlerische Arbeiten konzentrieren. Die Patina der Gemäuer prägt die entstehenden Bilder. Es gibt immer wieder ungewöhnliche Objekte, geheimnisvolle Ecken zu entdecken, die bei uns allen die kindliche Spiellust anstacheln. Der Hof bietet darüber hinaus einen geschützten Ort, in dem man sich innerhalb der Gruppe ausprobieren kann.

Analoges erleben, Momente, die im Gedächtnis bleiben

Performance eröffnet Räume der intensiven Begegnung. Wir können uns selbst in Facetten er- und ausleben, die wir im Alltag noch gar nicht an uns kennen. Im körperlich präsenten Interagieren lernen wir einander auf andere Weise kennen, was schnell Nähe schafft. Da man im Handeln vor Anderen auch immer etwas von sich preisgibt, ist eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre immens wichtig. Besonders beglückend war es dann auch am letzten Tag vor der Abreise zu sehen, wie alle Teilnehmenden ganz individuelle, eigensinnige Handlungssequenzen vor der Gruppe präsentierten. Diese Soloperformances zeugten von der jeweiligen ästhetischen Handschrift, die die Performenden ausbilden konnten und davon, welche emotional berührenden, humorvollen oder auch formal gut komponierten Handlungsbilder in einer Woche intensiven Arbeitens generiert werden können.

Gemeinsam sein

Das Leben im Kulturzentrum findet gemeinsam statt. Die Studierenden schlafen in einem alten, gemütlich eingerichteten Gebäude des Hofes. Jeden Morgen bereitet eine andere Gruppe Studierender das Frühstück zu, welches in der Sonne vor der Scheune oder in der gemütlichen, lebendigen Küche unter einem alten Tonnengewölbe verspeist wird. Anschließend beginnt der Performance-Unterricht, welcher durch eine ein- bis zweistündige Mittagspause unterbrochen wird, in welcher in der Sonne auf den Wiesen des Hofes gefaulenzt, ein Eis aus dem Dorfkiosk geschleckt oder ein Spaziergang durch die ländliche Umgebung gemacht wird. Durch die Unterstützung von Studierenden, welche als Köch*innen das Seminar begleiten, werden wir mittags und abends vegetarisch / vegan frisch bekocht. Am Abend sitzen die Studierenden in den letzten Sonnenstrahlen des Tages, später unter dem weiten Sternenhimmel oder manchmal auch am Lagerfeuer beisammen und lassen den Tag Revue passieren. Einen Abend hält BBB Johannes Deimling eine Lecture über Performance-Kunst und an einem anderen Nachmittag und Abend präsentieren die Dozierenden Performances. 2023 führte Antje Dudek die Performance „Buddy“ durch, BBB Johannes Deimling die Performance „A pinch of salt“ aus seinem Zyklus “The dance of the receptors” und die Tutorin Lisa-Marie Porst die Performance „Fluse 2“. Am Ende der Woche fällt der Abschied voneinander und von dem Ort teils schwer, jede*r fährt mit einem Bündel neuer Erfahrungen, reich an inneren Bildern und mit der ein oder anderen neuen oder vertieften Freundschaft nach Hause. 

Weiterführende Links: 

BBB Johannes Deimling: https://bbbjohannesdeimling.de/ und https://performanceartstudies.com/

Dr. Antje Dudek: https://antjedudek.de/

Kulturzentrum Řehlovice: https://kcrehlo.cz/de/

Ein Rückblick auf den Tag der Kunst: Spielen und Staunen

Kunsttag am Gymnasium Nossen | Zusammenarbeit mit Antje Dudek und Georgia Heidenreich | Juni 2023

Am 22. Juni fand der „Tag der Kunst“ für die 8. Klassen statt. Dazu verwandelten sich einige Räume an der Schule in kreative Ateliers und Werkstätten und die Schülerinnen und Schüler konnten sich in mindestens zwei von insgesamt acht künstlerischen Workshops, die von Studierenden der Kunstpädagogik der TUD – mit Unterstützung ihrer Dozentinnen Dr. Christin Lübke und Dr. Antje Dudek – entwickelt und geleitet wurden, ausprobieren:

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Exkursion zur Venedig Biennale

Ein Text von Karen Packebusch

>> INTOTHE MILK OF DREAMS
7.-12. Juni 2022 Aller zwei Jahre begeben wir uns für eine Woche in die fragile, auf Holzbalken gebaute, dem Beton trotzenden und dem Untergang geweihten Stadt Venedig. Die Exkursion zur Kunstbiennale von Venedig hat im Fachbereich Kunstpädagogik Tradition.

Im Jahr 2022 hatte die italienische Kuratorin Cecilia Alemani die 59. Biennale unter den Titel eines Buches der britischen Surrealistin Leonora Carrington gestellt. THE MILK OF DREAMS verhandelt eine magische Welt von Transformationsprozessen. Für Alemani Programm: Erstmalig bestand die Ausstellung zu 90% aus Werken von weiblichen & genderneutralen Künstler*innen. Das war ein starkes Statement, dem wir uns stellten, hingaben, diskutierten und: zeichneten, staunten.

>> to be continued 2024!

Rückblick auf den Tag der Kunst am 16. Juni 2022

Ein Text von Karl Laurinat.

Am 16. Juni 2022 haben die achten Klassen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums und ihre Kunstlehrerin Georgia Heidenreich uns Lehramtsstudierende der TU Dresden zum Tag der Kunst nach Nossen eingeladen, um in kleinen Gruppen künstlerisch zu experimentieren und zu gestalten. In insgesamt neun verschiedenen Workshops, von denen jede/r Schüler/in zwei besuchen konnte, haben wir gemeinsam …

… Geräuschen und Klängen auf dem Schulgelände nachgespürt.
… performend kleine Grenzen überschritten.
… gerissen, zerschnitten, geklebt und collagiert.
… mit Farben gekleckst und gedrippt und dem Zufall Raum gegeben.
… das Wechselspiel von Licht und Schatten beforscht.
… mit unseren Körpern spannende Skulpturen geformt.
… Mode mal ganz anders erlebt und präsentiert.
… genau hingeschaut und in Bildern Geschichten erzählt.
… mit Lebensmitteln (leckere!) Landschaften inszeniert und fotografiert.

Sehr schnell zeigte sich, mit welcher Offenheit und Neugier die Schüler*innen der achten Klassen auch manch herausfordernder Aufgabe oder ungewöhnlichem Material begegnet sind. Dafür bedarf es einer großen Freude am Experimentieren, Spielen und Gestalten, die in jedem einzelnen Workshop zu spüren war. Die vielfältigen entstandenen Ergebnisse wurden zum Sommerfest am 07. Juli 2022 ausgestellt und konnten in den Kunsträumen betrachtet werden.

Forschend vermitteln. Kunsttage an der SRH Oberschule in Dresden

Ein Beitrag von Christin Lübke

Wie äußern sich junge Lernende künstlerisch? Was nehmen sie wahr? Wie positionieren Sie sich? An welchen Orten bewegen Sie sich? Was bedeutet Jungsein in der Gegenwart? Was wollen junge Lernende gestalten und erfahren? Wie kann man mit jungen Lernenden ästhetisch forschen?

Um sich diesen für eine spätere Unterrichtspraxis wichtigen Fragen zu widmen, kamen im Seminar forschungsbezogene Vermittlungsansätze in der Weise zur Anwendung, dass Formen der Spurensuche und Spurensicherung, des Sammelns von Materialien aus jugendlichen Lebenswelten, des Dokumentierens von Prozessen mit Fotoapparat und Videokamera oder des Auswertens von erhobenem Material mittels neuer Ordnungssysteme genutzt wurden. Während des Seminars haben die Studierenden künstlerische Workshops für die Klassenstufen 5 bis 8 konzipiert, die wiederholend an zwei Tagen mit Schüler/innen der SRH-Oberschule durchgeführt wurden. Die Workshops bedienten eine lebendige Bandbreite an gestalterischen, technischen und forschenden Zugängen, deren gemeinsames Ziel es war, die Schüler/innen zu aktivieren und in das künstlerische Geschehen fragend, experimentierend und agierend zu involvieren:

  • Paper Town – Gestalte dein Dresden von morgen! (Marie Künstler und Linda Plotzky)
  • Bewegter Alltag – Objekte im Animationsfilm (Claudia Hirrel und Aurélie Strohmaier)
  • Invasion – Streetart im Schulhaus (Caroline Gross und Loise Schreiber)
  • IRL – Im realen Leben (Angela Weber und Christin Siebert)
  • The World in Paper – Papier mal anders (Franziska Leonhardi)
  • Kampf der Gegensätze (Kaya Kramer und Kevin Ernst)
  • Back to the Roots – Natur als Kunst (Anne Winkel und Isabel Kessler)
  • Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt (Antje Siekierka)

Im Anschluss wurden die Erfahrungen in der Schule zur Grundlage, um im Kontext des Seminars kunstdidaktische Dynamiken und Handlungsfelder beschreibend, analysierend und reflektierend in den Blick zu nehmen. Im Zuge der Nachbereitung werden wissenschaftliche Poster entstehen, die das Vermittlungsgeschehen visuell veranschaulichen und in den Fluren des Instituts für Kunst- und Musikwissenschaft an der TU Dresden präsentiert werden.