Alle Beiträge von kunstdidaktik-tud

EINEN ORT ERLEBEN

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON PAMELA BUSCHMANN, SANDRA KRÄTKE UND LUISE HÄSSNER


 1. Verortung

„Diese [Kunstpädagogik] bedarf der anhaltenden Auseinandersetzung mit den unablässig sich entwickelnden und sich in Frage stellenden ästhetischen Praxen und künstlerischen Ausdrucksformen und –mitteln.“ (Dreyer / 2005 / S.41)

In unserer Vermittlungssituation, im Rahmen des Seminars „Zeitgenössische Modelle ästhetischer Bildung“, setzen wir uns mit dem Fokus „Ort“, konkret mit dem öffentlichen Raum, in Theorie und Praxis, auseinander. Nach Frey auch bezeichnet als „öffentlich zugängliche, verhäuslichte“ Räume.

Für ein erweitertes Verständnis des öffentlichen Raumes ist ein Begriff erforderlich, der Subjekt und Raum nicht mehr voneinander trennt bzw. Raum als etwas Äußeres betrachtet, der durch das Individuum genutzt und/oder gestaltet wird. Der Begriff des Raums kann allgemein als Synonym für Erdboden, Territorium oder Ort verstanden werden.

In der Raumsoziologie wird der „absolutistische Raumbegriff“ als eine eigene Realität und nicht als Folge menschlichen Handelns gesehen. Absolutistische Denkmodelle verstehen den Raum als Behälter oder Territorium, welcher Lebewesen und Dinge beinhalten kann. Relativistische Denkmodelle hingegen sehen den Raum als Ergebnis handelnder, sich bewegender Subjekte in einem Raum. Martina Löw entwickelte 2001 den „relationalen Raumbegriff“, welcher Subjekte und soziale Objekte mit dem Raum in Beziehung setzt und darüber hinaus deren jeweilige Lage zueinander berücksichtigt. Sie stellt fest, dass Räume in Wahrnehmungs-, Erinnerungs- oder Vorstellungsprozessen von Subjekten zu gesellschaftlichen Strukturen konstruiert werden. Sie bezeichnet dies als „Dualität von Raum“. Orte symbolisieren also nicht nur fixe Lokalitäten einer Land- oder Stadtkarte oder sind Teil einer Architektur. Orte sind ein flexibles und komplexes Konstrukt bestehend aus Menschen, Gefühlen, physikalischen Gegebenheiten, sozialen Strukturen und Gegenständen aller Art. EINEN ORT ERLEBEN weiterlesen

ÄSTHETISCHE FORSCHUNG UND EIN GROßES ?

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON LINDA NOSSAN, ULRIKE HAAS UND VERA ZIMDARS

1. Verortung in der Kunstpädagogik

Für viele von uns wirft das Thema ästhetische Forschung immer wieder große Fragen auf. Es scheint, als sei es ein riesiges Seifenblasenkonstrukt, welches kurz bevor man es hätte greifen können, vor den eigenen Augen zerspringt und man wieder mit einem großen Fragezeichen zurückbleibt. Dabei ist es wahrscheinlich nur der Respekt vor diesem weiten Thema, der einen zurückschrecken und nicht verstehen lässt.

Wenn man ästhetische Forschung in das große Feld der Kunstpädagogik einordnen will, muss man die drei gegenwärtigen kunstpädagogischen Positionen betrachten. Zum Einen ist das die Bildorientierung, das heißt die Entwicklung von „visueller Kompetenz“, zum Anderen die Kunstorientierung verbunden mit der ästhetischen Erfahrung und weiterhin die Subjektorientierung, zu der sich auch die ästhetische Forschung einordnen lässt. Es geht um das Wahrnehmen, Handeln, Denken und nach Peez, um die Anregung und Förderung des kulturellen Selbstbildungsprozesses der Schüler*innen (vgl. Peez, 2012/2013). Zu diesen Positionen muss noch erwähnt werden, dass wohl keins dieser Konzepte im Schulkontext für sich allein funktionieren kann, sondern gerade die Verknüpfung und Pluralität eine gelungene Kunstpädagogik ausmacht (vgl. Peez, 2012/2013).

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URBAN REBELLION

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON PATRICIA HEGENBARTH, MARIANNE SCHULZE UND PAULA WEDEKIND

1. Verortung


„Raus aus dem Wald, rein in die Stadt“ – Mit den Prinzipien der ästhetischen Forschung die Stadt erobern.

Ausgehend von der durchgeführten ästhetischen Forschen im letzten Jahr, sollte unsere diesjährige Vermittlungssituation als Weiterentwicklung dieser, als ein Aufeinandertreffen mit der Urban Art, verstanden werden.

Zu oft nehmen wir unsere Umgebung als selbstverständlich wahr, vergessen genauer hinzusehen, richten unsere Blicke ausschließlich auf kommende Handlungsmomente, anstatt die Augen schweifen zu lassen, an Ungewöhnlichem hängen zu bleiben und sich einfach einmal eine Weile zu wundern. Wie Kämpf-Jansen schon in ihrem Seminarpapier zur ästhetischen Forschung formulierte, hatte auch unsere Vermittlungssituation unter anderem das Ziel, den Mitstudierenden „einen fragenden und entdeckenden Umgang mit Dingen und Phänomenen alltäglicher Erfahrung“ (Kämpf-Jansen  2015, S.1), auf den Weg in den schulischen Kontext zu geben. Die Auseinandersetzung mit einer selbstgewählten Fragestellung ergibt aber nur dann Sinn, wenn die Forschenden die Motivation aufbringen, sich diesen Überlegungen zu widmen, tiefer in Materie und Gestaltungsoptionen einzutauchen und sich auf den Ort einzulassen, der für möglichen Erarbeitungen neue Inspirationen liefern kann (vgl. Kämpf- Jansen 2000, S.1). Wir als „Initiatorinnen“ dieser ästhetischen Forschung mussten uns darüber bewusst werden, dass der gewählte Ort der Vermittlungssituation, die Fragestellung sowie die möglichen Erarbeitungen beeinflussen wird. Diese Tatsache kann einschränken, jedoch auch die Chance beinhalten, herauszufinden, welche verschiedenartigen Prozesse ein Ort hervorrufen kann.

„Auch die Orte der Erarbeitungen sind von Bedeutung, denn sie sind in der Regel sowohl Arbeitsort und Ausstellungsort zugleich. Diese Orte muss jeder, muss jede für sich finden, hängen sie doch wesentlich auch mit den inhaltlichen Fragen zusammen, die nur in bestimmter Weise und in bestimmten Räumlichkeiten zur Anschauung kommen können.“ (Kämpf-Jansen 2000,  S. 1.)

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PERFORMATIVER AUDIOWALK

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON LUISA FRANKE

„Du bist eingeladen, heute einen Weg zu gehen. Wir werden alle gemeinsam gehen, jeder für sich und doch als Gruppe. Wir richten unsere verschiedenen Blickwinkel auf die Stadt, die und alle verbindet, die wir täglich durchschreiten, in der wir jeden Tag Wege gehen; in der wir studieren, feiern, essen, einkaufen, Bus fahren- die wir verlassen- und zu der wir immer wieder zurückkehren.“

Für das Seminar „Von der Praxis in die Praxis“ beschritten wir, angeleitet über eine synchron abgespielte Audiospur, einen Weg vom Seminargebäude in die Dresdner Innenstadt. Dabei wurden nach und nach performative Impulse angeregt, die zum Nachdenken über den eigenen Körper im öffentlichen Stadtraum, das Zusammenwirken von vielen Körpern und die Verhältnisse von Gesellschaft und Stadt anregen sollten.


Verortung

In der Vermittlungssituation wurde ein Konzept verwirklicht, indem überwiegend eine Annäherung an performative Erfahrungen erzeugt werden sollte, ohne dabei klassischer Performance Art zu entsprechen. Den Studierenden sollten dabei zahlreiche Anregungen zum performativen Arbeiten angeboten werden, die sich auf verschiedene Unterrichtskonzepte unabhängig von Schulform oder Altersklasse übertragen lassen. Primäres Ziel der Vermittlungssituation war eine schrittweise Fokussierung auf die eigene Wahrnehmung, den eigenen handelnden Körper im Stadtraum und in der Öffentlichkeit. Dabei liegt in der „Interdisziplinarität und Komplexität von Performancearbeit und in der Zentrierung auf die Ausdruckskraft des ‚sich bewegend- handelnden Körpers‘ […] eine wichtige, wenngleich bisher unterschätzte Tendenz ästhetischer Bildungsprozesse“ (Lange/ 2002/ S.310), welche es schafft, aus den klassischen Unterrichtsstrukturen auszubrechen und „Situationen des Offenen, Unbestimmten und Subjektbezogenen“ (ebd.) zu entwickeln, in denen ästhetische Lernprozesse erst möglich werden. In der direkten Handlung liegt dabei die Chance, sich selbst (neu) zu erfahren, über Gattungsgrenzen hinweg gestalterisch tätig zu sein und Wissen interdisziplinär zu erweitern und zu vernetzen. (Vgl. ebd., S. 310f.) PERFORMATIVER AUDIOWALK weiterlesen

URBAN ART IM SICHEREN RAUM

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON JULIA SCHMIDT UND SOPHIA POSSELT

Die Welt der Kunst bietet eine Vielzahl an künstlerischen Ausdrucksweisen. Eine davon ist die Urban Art, derer wir uns im Rahmen eines kunstdidaktischen Workshops annahmen. Urban Art ist ein Begriff, der viele Kunstformen, die im öffentlichen Raum installiert sind, einbezieht. Zu ihr zählen jegliche Formen der urbanen Intervention, egal ob performativer oder installierter Kunst, der Guerilla Art, sei es Guerilla Gardening oder Knitting, der Street Art, deren bekannteste und allgegenwärtigste Form das Graffiti ist (vgl. Seelge 2012, S. 152 | Stumpf 2012, S. 115 | Eschment 2012, S. 158). Die Wahl dieses Schwerpunktes fiel uns nicht schwer, da wir, zum Teil hervorgerufen durch ein einwöchiges Blockseminar mit dem Street-Artist Jens Besser, persönlich interessiert und selbst künstlerisch aktiv sind. Zum anderen ist die Street Art, anders als andere künstlerische Ausdrucksformen, im urbanen Raum ein fester Bestandteil, dem wir alltäglich begegnen, ihn wahrnehmen und uns damit auseinandersetzen.

Street Art ist eine Kunstform, deren Heimat der öffentliche Raum ist. „Graffiti umfasst ein breites Spektrum an Erscheinungsformen: „Von der dilettantischen Kritzelei an Hauswänden bis hin zu meterhohen ausgefeilten Wandmalereien gibt es zahllose Ausprägungen und Varianten“ (Ganter 2014, S.8). Insbesondere besteht eine große Spanne zwischen ästhetisch ansprechenden und an Qualität mangelnden Objekten. Diese Aspekte versuchten wir mithilfe von drei Aufgaben auf eine Stadtansicht, die wir auf einer Tapetenbahn vorbereiteten, zu übertragen, sodass sich die Studierenden mit künstlerischen Gestaltungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum auseinandersetzen. Mit der Aufgabe „Präsentiert euch! Zeigt, dass es euch gibt!“ werden die Studierenden aufgefordert, die Hauswände beispielsweise mit Tags zu versehen, sodass der Aspekt der „illegalen Sachbeschädigung ohne jeglichen künstlerischen Anspruch“ (ebd.) abgedeckt wird. Die Aufgabe „Nutzt die Hauswand als Leinwand für euer Kunstwerk! Ignoriert die Eigenheiten des Untergrundes.“ sollen die Studierenden künstlerisch handeln, indem sie „ihre Umwelt zu verschönern oder [sie] handeln aus künstlerisch-kreativen Beweggründen“(ebd.). Ähnliches gilt bei Aufgabe „Findet Eigenheiten, Makel, Besonderheiten. Ergänzt/ Hebt hervor/erweitert sie bildnerisch-künstlerisch“, deren Intention es ist, Besonderheiten in der Stadtlandschaft zu entdecken, die anschließend gestaltet werden, wobei wir uns an Banksy orientierten. URBAN ART IM SICHEREN RAUM weiterlesen