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PERFORMANCE SEMINAR SOSE24 // RECAP I

Řehlovice
UNSTILLBARE (NEU)GIER.

Text: Roman Semmler (neutral/sie)

Fotografien: Lisa-Marie Porst, Monika Deimling, Avi Mahler


Performance Art als Kunst des Handelns Blockseminar in Řehlovice mit Dr.in Antje Dudek, BBB Johannes Deimling und Shahar Marcus


Im August 2024 kamen 9 Studierende im tschechischen Řehlovice zusammen, um gemeinsam ihren Performancebegriff experimentell zu entwickeln. Dies ist bereits seit über 20 Jahren Tradition, die von Prof. Marie-Luise Lange und BBB Johannes Deimling begründet wurde. In diesem Jahr fand das Seminar aber erstmals in Kooperation mit dem Kibbutzim College Tel Aviv statt, was dem Seminar viele interkulturelle Aspekte eröffnet. Die Teilnehmer*innen befanden sich somit außerdem in der besonderen Situation, gleich von drei Lehrenden begleitet zu werden.


KEEP THE PROZESS ALIVE


Deren didaktische Konzepte vereinten sich spontan und bedarfsabhängig zu einem sehr intensiven und abwechslungsreichen Programm aus verschiedenen Übungen, Schöpfungsprozessen, der Präsentation von diversen Solo- und Duo-Performances und deren Reflexion in der Gruppe. So wurden neben der Interaktion zwischen Körper(n), Raum und Objekten wie in BBB Johannes Deimlings „script work“ auch mit graphischen Ausdrucksweisen oder performativen Standbildern experimentiert. Dabei zeigten alle Teilnehmenden eine große Ernsthaftigkeit und Hingabe.

DU BIST NICHT ALLEIN

Da das Seminar für viele der erste Kontakt mit Performance Art ist und in einer zwar kleinen aber doch mehr oder weniger fremden Gruppe geschieht, kann gerade das Präsentieren, aber auch der künstlerische Prozess davor, sehr beängstigend sein. Weil jedoch sehr sensibel mit potentiell Druck ausübenden Situationen umgegangen wurde und die Gruppe sehr schnell zusammengewachsen ist, konnten Unsicherheiten gut aufgefangen werden. Außerdem entstand eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der produktiv Feedback gegeben und Rückfragen gestellt werden konnten.


DO SOMETHING!


Auch wenn der Performancebegriff nach dem Seminar weiterhin nicht einfach kurz und prägnant zu formulieren ist, konnte doch ein intuitives Gespür und ein Blick für überraschende, vielschichtige, assoziationsreiche und wirkmächtige Bilder entwickelt werden. Außerdem wurde Performance über Übungen wie „get tired in an important way“ oder „get dirty“ von Acting abgegrenzt: Es geht um das Schaffen authentischer Momente, nicht um ein “so “Tun als ob”.

CLIMAX

Nach einer Woche des künstlerisch-praktischen Arbeitens und sehr erfolgreichen Schaffens, gelang es allen Teilnehmenden, das Seminar in den finalen Solo-Performances mit einem Höhepunkt zu beenden, den sich auch Marie-Luise Lange nicht entgehen lassen wollte. Hier zeigten sich 9 individuelle performative Ausdrucksweisen, die sich innerhalb weniger intensiver Tage (weiter)entwickelt haben.

Die Zeit in Rehlo hinterlässt mich in dem Gefühl, vier Wochen in einer einzigen erlebt zu haben – sowie mit einem neuen künstlerischen Zugang zur Welt, unzähligen wertvollen Erinnerungen und neuen Freund*innen. Danke!

GEMEINSAM DIE KUNST DES HANDELS ERLEBEN

RÜCKBLICK AUF DAS PERFORMANCE-SEMINAR IN REHLOVICE BEI BBB JOHANNES DEIMLING UND ANTJE DUDEK 

Ein Text von Antje Dudek & Lisa-Marie Porst; Fotos von Lisa-Marie Porst

Es war ein glücklicher Umstand, dass Prof. Marie-Luise Lange vor mehr als 20 Jahren das Kulturzentrum Řehlovice entdeckt hat. Der weitläufige Vierseitenhof im nordböhmischen Dorf Řehlovice diente auch im Sommer 23 als Spielfläche für die Annäherung an performatives künstlerisches Arbeiten. Vom 31.07. bis 06.08.2023 fand eine Gruppe von 13 Studierenden der Kunstpädagogik der TU Dresden dort zusammen, um unter Anleitung von BBB Johannes Deimling und Antje Dudek die körperbezogene Kunstform zu erkunden. Lisa-Marie Porst begleitete die Exkursion als Tutorin und hielt die zahlreichen starken Handlungsbilder fotografisch fest. 

Behutsames herantasten

Da das Seminar für die die meisten Studierenden die erste Berührung mit Performancekunst war, legten Johannes Deimling und Antje Dudek viel Wert darauf, ein passendes methodisch-didaktisches Framing zu entwickeln. Anfänglich lieferten spezifische Raumlaufübungen (BBB Johannes Deimlings „Scriptwork“) eine feste Struktur, innerhalb derer die Studierenden Erfahrung sammeln konnten im Agieren vor den Augen Anderer. Im Improvisieren mit Material – weißes A4-Papier, bunte Ping-Pong-Bälle, Sonnenschirme etc. – entwickelten die Studierende ad hoc vielfältige nicht-alltägliche Umgangsweisen, aus denen sich vielschichtige belebte Bilder generieren ließen. In einer anderen Übung wurde Inspiration aus dem geschöpft, was uns der Hof anbot – Raumnischen, dunkle Gemäuer, einen Weiher, sonnenbeschienene Wiesen, um performative Standbilder zu entwickeln. Über die Woche hinweg entwickelten die Teilnehmenden so auch ein Performance-affines Auge, das die unzähligen Möglichkeiten dafür aufspürt, wie wir uns körperlich handelnd mit unserer Umwelt in Verbindung setzen können. Und man entdeckt, dass man schon vieles mitbringt, was die Entwicklung starker belebter Bilder erfordert, auch wenn man sich erst hier im Seminar bewusst mit Performance Art auseinandersetzt. 

Der Ort zählt 

Das Kulturzentrum ist idyllisch-ländlich gelegen und bietet Handlungsfreiräume, die man so an der Universität und im urbanen Umfeld nicht findet. Im Dorf fühlt man sich bisweilen in andere Zeiten versetzt und kann sich frei von Ablenkungen auf das Zusammensein mit der Gruppe und das künstlerische Arbeiten konzentrieren. Die Patina der Gemäuer prägt die entstehenden Bilder. Es gibt immer wieder ungewöhnliche Objekte, geheimnisvolle Ecken zu entdecken, die bei uns allen die kindliche Spiellust anstacheln. Der Hof bietet darüber hinaus einen geschützten Ort, in dem man sich innerhalb der Gruppe ausprobieren kann.

Analoges erleben, Momente, die im Gedächtnis bleiben

Performance eröffnet Räume der intensiven Begegnung. Wir können uns selbst in Facetten er- und ausleben, die wir im Alltag noch gar nicht an uns kennen. Im körperlich präsenten Interagieren lernen wir einander auf andere Weise kennen, was schnell Nähe schafft. Da man im Handeln vor Anderen auch immer etwas von sich preisgibt, ist eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre immens wichtig. Besonders beglückend war es dann auch am letzten Tag vor der Abreise zu sehen, wie alle Teilnehmenden ganz individuelle, eigensinnige Handlungssequenzen vor der Gruppe präsentierten. Diese Soloperformances zeugten von der jeweiligen ästhetischen Handschrift, die die Performenden ausbilden konnten und davon, welche emotional berührenden, humorvollen oder auch formal gut komponierten Handlungsbilder in einer Woche intensiven Arbeitens generiert werden können.

Gemeinsam sein

Das Leben im Kulturzentrum findet gemeinsam statt. Die Studierenden schlafen in einem alten, gemütlich eingerichteten Gebäude des Hofes. Jeden Morgen bereitet eine andere Gruppe Studierender das Frühstück zu, welches in der Sonne vor der Scheune oder in der gemütlichen, lebendigen Küche unter einem alten Tonnengewölbe verspeist wird. Anschließend beginnt der Performance-Unterricht, welcher durch eine ein- bis zweistündige Mittagspause unterbrochen wird, in welcher in der Sonne auf den Wiesen des Hofes gefaulenzt, ein Eis aus dem Dorfkiosk geschleckt oder ein Spaziergang durch die ländliche Umgebung gemacht wird. Durch die Unterstützung von Studierenden, welche als Köch*innen das Seminar begleiten, werden wir mittags und abends vegetarisch / vegan frisch bekocht. Am Abend sitzen die Studierenden in den letzten Sonnenstrahlen des Tages, später unter dem weiten Sternenhimmel oder manchmal auch am Lagerfeuer beisammen und lassen den Tag Revue passieren. Einen Abend hält BBB Johannes Deimling eine Lecture über Performance-Kunst und an einem anderen Nachmittag und Abend präsentieren die Dozierenden Performances. 2023 führte Antje Dudek die Performance „Buddy“ durch, BBB Johannes Deimling die Performance „A pinch of salt“ aus seinem Zyklus “The dance of the receptors” und die Tutorin Lisa-Marie Porst die Performance „Fluse 2“. Am Ende der Woche fällt der Abschied voneinander und von dem Ort teils schwer, jede*r fährt mit einem Bündel neuer Erfahrungen, reich an inneren Bildern und mit der ein oder anderen neuen oder vertieften Freundschaft nach Hause. 

Weiterführende Links: 

BBB Johannes Deimling: https://bbbjohannesdeimling.de/ und https://performanceartstudies.com/

Dr. Antje Dudek: https://antjedudek.de/

Kulturzentrum Řehlovice: https://kcrehlo.cz/de/

Ein Rückblick auf den Tag der Kunst: Spielen und Staunen

Kunsttag am Gymnasium Nossen | Zusammenarbeit mit Antje Dudek und Georgia Heidenreich | Juni 2023

Am 22. Juni fand der „Tag der Kunst“ für die 8. Klassen statt. Dazu verwandelten sich einige Räume an der Schule in kreative Ateliers und Werkstätten und die Schülerinnen und Schüler konnten sich in mindestens zwei von insgesamt acht künstlerischen Workshops, die von Studierenden der Kunstpädagogik der TUD – mit Unterstützung ihrer Dozentinnen Dr. Christin Lübke und Dr. Antje Dudek – entwickelt und geleitet wurden, ausprobieren:

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Unstillbare (Neu)gier. Performance Art als Kunst des Handelns

Rückblick auf das Performanceseminar von Antje Dudek im Wintersemester 2022/23

Ein Text  von Lisa-Marie Porst

Im Februar 2023 entwickelten und erweiterten zehn Teilnehmerinnen sechs Tage lang aktiv körperlich handelnd ihren Performancebegriff. Erste performative Übungen führten zu kürzeren Einzel- oder Gruppenperformances, deren Erfahrungen und Reflexionen sich in eine die Woche abschließende eigenständige Performance einer jeden Teilnehmerin einflossen. Unter verschiedenen Leitfragen suchten die Studierenden nach neuen Ausdrucksformen abseits des Alltäglichen, mit dem Ziel, assoziationsreiche, mehrdeutige, überraschende Bilder zu entwickeln und sich selbst sowie den eigenen künstlerischen Ausdruck (neu) auszuloten. 

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ZWISCHENMENSCHLICHE BEGEGNUNGEN

 

EINE VERMITTLUNGSSITUATION VON JONAS TROPARTZ, KATHARINA RUBLEV & VANESSA KARNETT

TEXT: JONAS TROPARTZ


  1. Verortung [come together]

Die Performance, eine Kunstgattung entstanden im 20. Jahrhundert, eröffnet durch die freien und vitalen innewohnenden Ausdrucksformen eine Bandbreite an Vermittlungsmöglichkeiten. Auf dem schmalen Pfad zwischen Kunst und Leben ist die performative Handlung die Achtsamkeit auf den Vollzug der eigenen Handlungen und die Wahrnehmung derer in Bezug auf sich selbst und alle anderen. (Peters 2005, S. 8)

Passend dazu beschreibt David George die Fähigkeit von Performance als „neue Art der Betrachtung bekannter Phänomene – eine andere Weise, auf sie zu reagieren, sie zu erfahren und über sie nachzudenken.“ (George 1998, S.16) Dies bedeutet, bekannte Alltagsphänomene neu in den Fokus zu rücken und das Spannungsgefälle zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem zu untersuchen. Dabei hat man kein klares Ziel vor Augen, sondern gestaltet den Weg und Prozess als solches fruchtbar, sodass diese als Erkenntnisgewinn ausreichen können. Der Körper als anfängliche nutzbare Quelle sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden. ZWISCHENMENSCHLICHE BEGEGNUNGEN weiterlesen